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Von Industriespionen und Superhelden

Was ist nur aus unseren Superhelden im Kino geworden? Statt für Recht und Ordnung in den dunklen Gassen unserer fiktiven Welten zu sorgen, sind die heldenhaften Protagonisten auf der Leinwand momentan vor allem damit beschäftigt, ihre eigene Kindheit zu bewältigen. Was Anfangs als ein vergleichsweise anspruchsvoller Aspekt verstanden werden konnte, einem Kinohelden mehr charakterliche Tiefe zu verleihen ist mittlerweile zum stereotypen Konzept geworden, das auf fast jedes Genre und jeden Charakter übertragen wird. Das begann mit der mehr oder weniger minder aufregenden Kindheitsgeschichte des beliebten Science-Fiction Schurken Darth Vader und machte auch vor Comichelden wie Batman und Spiderman nicht halt. Viel Anerkennung fand im vergangenen Jahr die vermeintliche Tramabewältigung des in die Jahre gekommenen Spions James Bond. Der Film fand bei Zuschauern und Kritik einiges an Anerkennung und war doch bisweilen sehr ermüdend anzusehen. In Handlungssträngen, die früher mit Action gefüllt wurden, konnte man den Spion nun bei der Bewältigung seiner Alkoholsucht und dem Nachtrauern seiner verlorenen Kindheit zusehen. Die Arbeit eines Agenten im realen Leben kann da schon aufregender sein. Dabei muss man kein Agent im Auftrag der britischen Majestät sein, die Abwehr gegen Maßnahmen der Wirtschaftskriminalität ist schon spannend genug. Ähnlich wie beim britischen Geheimagenten spielt dabei das professionelle Equipment eine nicht unerhebliche Rolle. Das Gegenseitige Beschnüffeln von Industrieunternehmen zielt heute allerdings nicht mehr primär auf das Abhören dünner Bürowände, sondern hat sich vor allem auch auf die neuen Medien ausgebreitet. Wer sich Zugriff auf die Datenbanken eines fremden Rechners verschafft hat, der bekommt Informationen, die eine Spionage im Sinne der klassischen Agentenromane kaum hätte erahnen lassen. Während man früher nur Wortfetzen zu einem stimmigen Sinn zusammenzusetzen versuchte, kann man heute vollständig durch die Datenbanken fremder Computer wühlen. Und so ist die reale Lauschabwehr vielleicht schon interessanter geworden als die stereotypen Inszinierungen unserer Helden im Kino und es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann endlich die dramatische Kindheitsgeschichte von Micky Maus auf der Leindwand zu sehen sein wird.